Ein Name ist nicht genug

 In Aktuelle Urteile, Allgemein

Nicht jeder Name trifft auch den Geschmack seines Trägers.  Da kommt schon einmal der Wunsch auf, sich einen neuen Vornamen oder Nachnamen zu „beschaffen“. Das ist natürlich nicht so einfach. Den Nachnamen kann man aber zum Beispiel durch „geschickte“ Partnerwahl mit anschließender Heirat ändern. Auch eine Adoption durch eine Familie mit dem Wunschnamen kommt in Betracht. Eine deutsch-britische Doppelstaatlerin hat einen anderen Weg versucht.

Was war geschehen?

Die Antragstellerin wurde in Deutschland geboren. Ihr Name lautet „Silke Nicole Vo.“. Im März 2011 erwarb sie zusätzlich zu ihrer deutschen auch die britische Staatsangehörigkeit. Sie lebt seit 1999 im Vereinigten Königreich. Ende 2011 gab sie während eines Auslandsaufenthalts gegenüber der britischen Botschaft in Bern eine private Namensänderungserklärung ab, genannt deed poll.  Zukünftig wollte sie den Namen „Silia Valentina Mariella Gräfin von Fürstenstein“ führen. Die britischen Behörden stellten ihr auf diesen Namen in 2013 einen Reisepass aus. Die neue „Gräfin“ ist aber weder verwandt mit einer Familie Fürstenstein noch unterhält sie irgendwelche soziale Beziehungen zu einem Träger des von ihr gewählten Namens.

Nun wollte sie, dass der von ihr nach englischem Recht bestimmte Name auch in das deutsche Personenstandsregister eingetragen wird. Das Standesamt hat das verweigert. Die von ihr gerichtlich gestellten Anträge auf Eintragung des neuen Namens sind sowohl vor dem Amtsgericht als auch vor dem Oberlandesgericht erfolglos geblieben. Es musste der Bundesgerichtshof entscheiden.

Und das sagt der BGH:

Grundsätzlich kann eine Person, deren Name deutschem Recht unterfällt, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den während eines gewöhnlichen Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat der EU erworbenen und dort in ein Personenstandsregister eingetragenen Namen wählen. So werden die in den beiden Staaten geführten Namen einander angeglichen. Dieses Namenswahlrecht gilt sogar dann, wenn die Namensänderung – wie beim „deed poll“ im Vereinigten Königreich – einseitig auf einer privaten Willenserklärung beruht.

Bei der Antragstellerin liegt der Fall aber anders. Die Annahme einer frei gewählten deutschsprachigen Adelsbezeichnung ist nämlich mit der deutschen öffentlichen Ordnung unvereinbar (Art. 48 Satz 1 Halbs. 2 EGBGB). Die namensrechtlichen Behandlung von Adelsbezeichnungen beruht auch heute noch auf  Art. 109 Abs. 3 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV). Adelsbezeichnungen sind nur noch Teil eines Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden. Dieser Rechtsgedanke gehört zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Namensrechts. Er ist Bestandteil der öffentlichen Ordnung.

Allerdings wird – so der BGH wohl zu Recht – in der Vorstellung breiter Bevölkerungskreise den funktionslos gewordenen Adelsbezeichnungen im Namen immer noch eine besondere soziale und gesellschaftliche Bedeutung beigemessen. Das Gebot staatsbürgerlicher Gleichheit gebietet es daher, dass der Staat seine Mitwirkung verweigert, wenn Einzelne sich durch eine isolierte Änderung ihres Namens den Anschein einer herausgehobenen Stellung verschaffen wollen. Auch das Recht der Europäischen Union gebietet es nicht, den von der Antragstellerin im Vereinigten Königreich geführten Namen in Deutschland anzuerkennen.

Eine Änderung des Namens durch den „deed poll“ ist in Großbritannien nichts ungewöhnliches. Es ist ein sehr einfaches Verfahren, dass auch immer wieder von Prominenten genutzt wird.  So wurde laut Wikipedia zum Beispiel aus dem Herrn David Robert Jones ein gewisser David Bowie.

BGH, Beschluss vom 14. 11.2018; XII ZB 292/15

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