Geschenke erhalten (meistens) die Freundschaft

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Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Diese Weisheit ist nicht neu. Meistens ist sie auch richtig. Das gilt natürlich auch jetzt, wo die Adventszeit wieder vor der Tür steht. Der Volksmund kennt aber auch noch eine andere Redensart: „Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen“. Auch richtig, sagt der BGH. Allerdings sind Geschenke der Schwiegereltern in einer Größenordnung von mehreren 10.000,00 € eventuell etwas differenzierter zu betrachten.

Was war passiert?

Seit 2002 hat die Tochter der Klägerin mit ihrem Lebensgefährten, dem Beklagten, zusammengelebt. Im Jahr 2011 kaufte sie mit dem Beklagten eine Immobilie zum gemeinsamen Wohnen. Die Klägerin und ihr Ehemann schenkten ihnen zur Finanzierung Beträge von insgesamt 104.109,10 €. In 2013 kam es zur Trennung der Tochter von dem Beklagten.

Die Klägerin verlangt nun vom Beklagten die Hälfte der dem Paar geschenkten Beträge zurück. Sie beruft sich dabei auf eine Darlehensabrede, hilfsweise behauptet sie, die Zuwendungen seien unentgeltlich erfolgt. Die ersten beiden Instanzen gaben der Klägerin im Wesentlichen Recht. Das Oberlandesgericht Brandenburg als Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage für begründet gehalten. Die Eltern der Tochter seien bei ihrer Schenkung von einer lebenslangen Verbindung ihrer Tochter mit dem Beklagten ausgegangen. Die Trennung kurz nach der Schenkung habe diesen Umstand vollständig geändert. Ein Festhalten an der Schenkung sei nicht mehr zumutbar.

Das Oberlandesgericht stellt dann eine Berechnung an, wonach sich der mit der Schenkung verfolgte Zweck teilweise verwirklicht habe. Diese Zweckerreichung sei in Relation zur erwarteten Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft zu setzen. Demnach habe der Beklagte 91,6 % seines hälftigen Anteils an den Zuwendungen, also 47.040,77 €, zurückzuzahlen.

Und das meint der BGH:

Beim Bundesgerichtshof ist der X. Zivilsenat für das Schenkungsrecht zuständig. Er hat die Begründung im Berufungsurteil überwiegend gebilligt. Die Revision des Beklagten wurde durch den BGH zurückgewiesen.

Auch einem Schenkungsvertrag können Vorstellungen eines oder beider Vertragspartner vom Bestand oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände zugrunde liegen. Die sind dann zwar nicht direkt Vertragsinhalt, auf denen baut jedoch der Geschäftswille der Vertragspartner auf. Kommt es zu einer schwerwiegenden Veränderung dieser Umstände, so kann dies zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen. Das wiederum kann eine Anpassung des Vertrages oder gar das Recht eines oder beider Vertragspartner begründen, sich vom Vertrag zu lösen (§ 313 Abs. 1 BGB).

Grundsätzlich schuldet der Beschenkte keine Gegenleistung für das Erhaltene. Er „schuldet“ dem Schenker nur Dank für die Zuwendung. Der Schenker kann das Geschenk deshalb zurückfordern, wenn der Beschenkte diese Dankbarkeit in besonderem Maße vermissen lässt und sich durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker als grob undankbar erweist (§ 530 Abs. 1 BGB).

Bei der Schenkung eines Grundstücks oder des Geldes für eine Immobilie an das eigene Kind und dessen Partner geht der Schenker typischerweise davon aus, dass das Kind mit seinem Partner die Immobilie zumindest für einige Dauer gemeinsam nutzen wird. Allerdings muss der Schenker mit einem Scheitern der Beziehung rechnen. Die Folgen für die Nutzung des Geschenks gehören zu dem vertraglich übernommenen Risiko einer freigiebigen Zuwendung.

Geschenke und der Wegfall der Geschäftsgrundlage

Im zu entscheidenden Fall bestand seitens der Schenker die Erwartung, die Beziehung zwischen der Tochter der Klägerin und dem Beklagten werde andauern. Die Schenkerin ging zum Zeitpunkt der Schenkung davon aus, das zu erwerbende Grundeigentum werde die „räumliche Grundlage“ des weiteren, nicht nur kurzfristigen Zusammenlebens der Partner bilden. Diese Geschäftsgrundlage ist weggefallen, nicht weil die Beziehung kein Leben lang gehalten hat, sondern weil sich die Tochter der Klägerin und der Beklagte schon weniger als zwei Jahre nach der Schenkung getrennt haben. Damit hat sich die für die Grundstücksschenkung konstitutive Annahme als unzutreffend erwiesen, die Partner würden die Lebensgemeinschaft nicht lediglich für kurze Zeit fortsetzen, so der BGH.

Der BGH geht weiter davon aus, dass die Schenkung nicht erfolgt wäre, wäre für die Schenker das alsbaldige Ende dieses Zusammenlebens erkennbar gewesen. Dann muss aber der Schenker die Möglichkeit haben, dass Geschenk zurückzufordern. Dem Beschenkten ist es auch zuzumuten, das Geschenk zurückzugeben. Die Berechnung der vom Berufungsgericht vorgenommenen Quote lehnt der BGH ab. Darauf kommt es hier aber nicht an, da nur der Beklagte ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil eingelegt hat.

Fazit: Geschenke nur mit Vertrag

Klare vertragliche und schriftlich niedergelegte Regelungen bei der Schenkung an Kinder und Schwiegerkinder können helfen, langwierige Prozesse im Fall des Falles zu vermeiden. Eine Trennungssituation ist für das direkt betroffene Paar schon schwierig genug. Niemand braucht da weitere Gerichtsverfahren unter Einbeziehung der gesamten Familien.

BGH, Urteil vom 18. Juni 2019, X ZR 107/16

 

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